Hilfsmittelversorgung: Bundeskartellamt erwirkt Aufgabe wettbewerbswidriger Preiskoordinierung

Die wettbewerbswidrige Koordinierung von Preisen bei der Hilfsmittelversorgung durch die Arbeitsgemeinschaft von Hilfsmittelverbänden (ARGE) ist beendet. Dies ist das Ergebnis eines Verfahrens des Bundeskartellamtes wegen gemeinsamer Preisaufschläge zulasten der gesetzlichen Krankenkassen gegen die ARGE-Mitglieder, die Verbände der Leistungserbringer im Hilfsmittelbereich Sanitätshaus Aktuell AG, EGROH, rehaVital, Reha-Service-Ring, Cura-San und Bundesinnungsverband Orthopädietechnik.  

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: Anbieter von Hilfsmitteln dürfen zusammenarbeiten. Aber die ARGE hatte den Zweck, den Preiswettbewerb gegenüber Krankenkassen quasi auszuschalten und diese Praxis haben wir mit unserem Verfahren rasch beendet. Das sendet ein klares Signal an die Hilfsmittel-Branche, das jetzt bereits Wirkung entfaltet und auch für die Zukunft: Verhandlungen durch Arbeitsgemeinschaften oder Verbände sind auf Anbieter und Nachfragerseite für eine effiziente Versorgung erforderlich und gesetzlich vorgesehen. Wenn aber der Preiswettbewerb, hier sogar auf oberster Verbandsebene, über ein koordiniertes Vorgehen de facto ausgeschaltet wird, ist eine rote Linie überschritten.“

Hilfsmittelanbietern wie Sanitätshäusern, Orthopädietechnikern und anderen ist es erlaubt, sich zu bundesweiten Verbänden zusammenzuschließen, um gemeinsam Verhandlungen mit Krankenkassen über die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Hilfsmitteln zu führen. Nur so können die Hilfsmittelanbieter eine flächendeckende Versorgung im ganzen Bundesgebiet gewährleisten. Diese Hilfsmittelverbände waren ihrerseits unter dem Namen „ARGE“ organisiert. Die ARGE repräsentiert bundesweit etwa 80 Prozent der Leistungserbringer-Standorte der reha-technischen Hilfsmittel. Damit war die ARGE Quasi-Monopolistin in den Verhandlungen gegenüber den Krankenkassen. Spätestens ab September 2021 hatten die ARGE-Mitglieder gegenüber den Krankenkassen einheitliche Preisaufschläge für Hilfsmittel im Rahmen bestehender Versorgungsverträge gefordert. Sie konnten diese auch vielfach durchsetzen. Das wurde gegenüber den Krankenkassen mit kostenrelevanten Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet (gestiegene Fracht-, Liefer- und Rohstoffkosten). Im März 2022 hatte das Amt gegen die Praktiken ein Kartellverwaltungsverfahren eingeleitet und im Januar 2023 eine Abmahnung an die ARGE-Mitglieder verschickt (s. Pressemitteilungen vom 23. März 2022 und 25. Januar 2023).

Auch wenn Kooperationen bei Hilfsmitteln gesetzlich möglich sind, ist die kartellrechtliche Grenze jedenfalls dann überschritten, wenn alle maßgeblichen Verbände sich zusammenschließen oder in einem Ausmaß kooperieren, das den Wettbewerb fast vollständig zum Erliegen bringt. Selbst unvorhergesehene Kostensteigerungen rechtfertigen nicht den Versuch, über Angebotsmonopole pauschale Preiserhöhungen durchzusetzen. Die ARGE-Mitglieder hatten die Preisaufschläge für praktisch sämtliche angebotenen Produkte und Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen gefordert, ohne die realen Kostensteigerungen leistungsbezogen zu kalkulieren.

Die Beteiligten haben nach der Beanstandung durch das Bundeskartellamt auf eine rechtliche Auseinandersetzung zur Reichweite des Kartellrechts verzichtet und die ARGE aufgelöst. Die betroffenen Verträge sind inzwischen gekündigt bzw. aufgehoben worden und die Beteiligten haben zugesichert, von dem beanstandeten Verhalten auch in Zukunft Abstand zu nehmen. Die von den Beteiligten vorgelegten Zusagen hat das Bundeskartellamt angenommen und im Rahmen eines Beschlusses nach § 32b GWB (Verpflichtungszusagen) für verbindlich erklärt, so dass das Verfahren beendet ist.

Englische Version:

  • Provision of medical aids: Anti-competitive price coordination stopped following Bundeskartellamt proceeding

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