Verfahren gegen Meta/Facebook

Gestapelte blaue Buttons mit Like-Symbol.

Der Konzern Meta betreibt neben dem sozialen Netzwerk Facebook insbesondere die Dienste Instagram und WhatsApp. Die Dienste von Meta werden weltweit von über 3,5 Milliarden Menschen genutzt, darunter weite Teile der Bevölkerung in Deutschland. Als großes Zukunftsprojekt investiert Meta auch in Hard- und Software für ein „Metaverse“, eine umfassende virtuelle 3D-Welt. Dafür hat Meta bspw. den 3D-Brillen- und Technologiehersteller Oculus (jetzt: Meta Quest) zugekauft. Aufgrund der vielen Nutzenden verfügt Meta über sehr viele Nutzerdaten und ist zugleich der führende Anbieter im Bereich von Social-Media-Werbung. Aus dieser finanziert sich das Unternehmen bislang nahezu ausschließlich.

Das Bundeskartellamt hat im Mai 2022 entschieden, dass Meta eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Damit ist Meta ein Anwendungsfall für die erweiterte Missbrauchsaufsicht des §19a GWB (siehe Pressemitteilung vom 4. Mai 2022).

Facebook: Datenzusammenführung untersagt

Bereits 2019 hatte das Bundeskartellamt Facebook nach den Regeln der klassischen Missbrauchsaufsicht untersagt, Nutzerdaten ohne freiwillige Einwilligung aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen. Damit wurden Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt. Der Verstoß gegen das Missbrauchsverbot liegt nach Ansicht des Bundeskartellamtes darin, dass Facebook die Nutzung des sozialen Netzwerkes davon abhängig gemacht hat, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto der Nutzerinnen und Nutzer zusammenführen zu können (u.a. Instagram und WhatsApp, die zum Facebook-Konzern gehören, sowie Drittseiten und -apps).

Aus Sicht des Bundeskartellamtes darf sich Facebook als marktbeherrschendes Unternehmen auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke solche weitreichende Verarbeitungsrechte ohne freiwillige Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer nicht vorbehalten. An einer freiwilligen Einwilligung fehlt es aus Sicht des Amtes, wenn die Bereitstellung des sozialen Netzwerks von der Erteilung der Einwilligung abhängig gemacht wird. Mit seiner Entscheidung im Jahr 2019, die weltweit Beachtung gefunden hat, hat das Bundeskartellamt Facebook das entsprechende Verhalten untersagt. Siehe dazu die entsprechende Pressmitteilung vom 7. Februar 2019.

Der Facebook-Fall vor den Gerichten

Nachdem Facebook 2019 Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes eingelegt hatte, ging der Fall vor das Oberlandesgericht Düsseldorf. Dort hatte Facebook neben dem Hauptsacheverfahren Eilverfahren angestrengt, in denen es um die Frage ging, ob die sofortige Vollziehbarkeit der Verfügung des Amtes auszusetzen war. Das OLG Düsseldorf gab hier zunächst Facebook recht. Der Bundesgerichtshof folgte in einer Entscheidung vom Juni 2020 jedoch der Argumentation des Amtes. In einem weiteren Eilverfahren wurde der Antrag von Facebook zurückgenommen, bevor der Bundesgerichtshof in der Sache entscheiden konnte. In der Hauptsache ist das Verfahren heute noch anhängig vor dem OLG Düsseldorf. Dieses hatte dem Europäischen Gerichtshof 2021 diverse Fragen vorgelegt, um zu klären, wie bestimmte Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auszulegen sind und ob das Bundeskartellamt im Rahmen von kartellrechtlichen Abwägungsentscheidungen auch DSGVO-Normen berücksichtigen darf. Im Juli 2023 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Datenschutzregeln auch von den Wettbewerbsbehörden bei der Anwendung des Kartellrechts zu berücksichtigen sind. Bei der Rechtsdurchsetzung wird das Bundeskartellamt weiterhin mit Datenschutzbehörden und insbesondere im Hinblick auf den europäischen Digital Markets Act auch mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten. Über den Fall hinaus hat das Urteil weitreichende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Datenwirtschaft.

Meta führt neue Kontenübersicht ein

Trotz Rechtshängigkeit der Ausgangsentscheidung hat das Bundeskartellamt mit Meta fortlaufend Verhandlungen zur Umsetzung seines Beschlusses geführt. Meta hatte daraufhin eine sogenannte Kontenübersicht eingeführt und seine Dateninfrastruktur überarbeitet. Diese Kontenübersicht eröffnete Nutzerinnen und Nutzern die Möglichkeit, selbst darüber zu entscheiden, ob sie ihre Konten bei Meta-Diensten (z.B. bei Facebook und Instagram) miteinander verbinden wollen – mit der Folge, dass Meta auch die über Konten hinweg verknüpften Daten für die Bildung von Werbeprofilen und das Ausspielen personalisierter Werbung verwenden kann. Nach verschiedenen Anpassungen und Erörterungen mit dem Bundeskartellamt über einen längeren Zeitraum hinweg kann bei der im Laufe des Jahres 2023 neu eingeführten Kontenübersicht erstmals von einem weitgehend freien und informierten Entscheidungsprozess für Metas Kundinnen und Kunden gesprochen werden (obgleich im Detail noch Optimierungspotential besteht): Sie können entweder die einzelnen Dienste getrennt mit allen wesentlichen Funktionen nutzen. Oder sie entscheiden sich für zusätzliche kontenübergreifende Funktionen, müssen dann allerdings weitere personenbezogene Daten preisgeben.

Der Einschätzung, dass Metas Kontenübersicht Nutzerinnen und Nutzern eine weitgehend freie und informierte Wahl ermöglicht, liegen die Maßstäbe des Facebook-Beschlusses von 2019 zu Grunde. Darüber hinausgehende Anforderungen nach anderen Rechtsgrundlagen, insbesondere § 19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder den Vorschriften des Digital Markets Act, sind somit nicht ausgeschlossen. Auch ist zu beachten, dass sich die Einschätzung zu Metas Kontenübersicht nicht ohne Weiteres auf andere Auswahlsituationen übertragen lässt, da jeweils Tragweite und Gesamtkontext der Nutzerentscheidung zu berücksichtigen sind.

Siehe dazu die entsprechende Pressmitteilung vom 7. Juni 2023.

Kopplung von VR-Brillen mit Facebook

Ende 2020 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren wegen der Kopplung von Facebook mit Meta Quest 2-Virtual-Reality-Brillen (vormals Oculus) eingeleitet und dieses Anfang 2021 – unmittelbar nach Einführung des § 19a GWB – auch auf diese neue Rechtsgrundlage erstreckt. Auf das Verfahren des Bundeskartellamtes hin hat Meta reagiert: VR-Brillen (dies umfasst neben der „Quest 2“ auch die neue Quest Pro) können seitdem auch ohne Facebook- oder Instagram-Konto genutzt werden. Eine entsprechende Pressemitteilung vom 28. Januar 2021 finden Sie hier.

VR-Brillen im Meta-Ökosystem

Meta ist mit seinem digitalen Ökosystem nicht nur der zentrale Spieler im Bereich der sozialen Medien, sondern hat auch auf dem wachsenden VR-Markt eine bedeutende Position. Durch die Einbindung neuer Angebote, von welcher sowohl das eingebundene Angebot als auch das sonstige Ökosystem wechselseitig profitieren, können Nutzerinnen und Nutzer stärker an das Ökosystem gebunden werden. Dies kann Marktzutrittsschranken für Wettbewerber erhöhen, die dadurch weitgehend auf einen Wettbewerb an den Rändern des Ökosystems verwiesen sind. Wenn die Nutzung der VR-Brillen nur für Facebook- oder Instagram-Mitglieder möglich wäre, könnte dies den Wettbewerb in beiden Bereichen stark beeinträchtigen. Daher müssen Nutzerinnen und Nutzer die Wahl haben, die VR-Brillen auch ohne Facebook- oder Instagram-Konto zu nutzen.

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Weiße Paragraphen-Icons vor einer Hand.
Quelle:AdobeStock/ Vegafox

Digitale Märkte

Die Digitalisierung betrifft fast alle Branchen und ist ein echtes Querschnittsthema. Viele digitale Märkte neigen zu Konzentration oder sind bereits von nur wenigen großen Anbietern geprägt. Dies ist auf Phänomene zurückzuführen, die typischerweise in traditionellen Märkten weniger stark zum Tragen kommen, insbesondere Netzwerkeffekte, die Verarbeitung von Daten und daraus resultierende Selbstverstärkungseffekte.

Unterschiedlich farbig hinterlegte Diagramme
Quelle:AdobeStock/Maksim Kostenko

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