Effiziente Kartellverfolgung – ineffizientes Verfahren? Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht in Bonn: Experten sehen Handlungsbedarf im Kartellverfahrensrecht

08.10.2012

Auf Einladung des Bundeskartellamtes diskutierten am 4. Oktober 2012 in Bonn rund 100 Experten über die aktuellen Herausforderungen der Anwendung und Durchsetzung des Kartellrechts in Deutschland und in Europa.

Der Arbeitskreis Kartellrecht tagt jährlich zu grundsätzlichen wettbewerbspolitischen Themen. Die Veranstaltung am 4. Oktober 2012 trug den Titel „Kartellbußgeldverfahren zwischen deutschem Systemdenken und europäischer Konvergenz“. An der Sitzung des Arbeitskreises nahmen zahlreiche Hochschullehrer rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten, hochrangige Vertreter nationaler und internationaler Wettbewerbsbehörden und Ministerien sowie Richter der Kartellsenate beim Oberlandesgericht Düsseldorf und beim Bundesgerichtshof teil.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Die Kartellverfolgung wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich intensiviert. Die steigende Zahl von Verfahren ist ein Erfolg. Gleichsam steigen damit aber auch die Herausforderungen für die Kartellbehörden und zuständigen Gerichte. Um eine effiziente Kartellverfolgung auf Dauer sicherzustellen, müssen wir den bestehenden Rechtsrahmen anpassen.“

Das Bußgeldverfahren im deutschen Kartellrecht richtet in erster Linie nach den Vorgaben des strafprozessual geprägten Ordnungswidrigkeitengesetzes. Nach Auffassung vieler Experten wird die geltende gesetzliche Regelung nicht den Bedürfnissen des primär an Unternehmen gerichteten Kartellrechts gerecht. Viele Teilnehmer sprachen sich daher für ein auf Kartelldelikte spezialisiertes Verfahrensrecht aus.

Die Tagung fand unter der Leitung von Herrn Dr. Klocker, Vizepräsident des Bundeskartellamtes statt. Zu Beginn standen einleitende Kurzvorträge der Panellisten Dr. Konrad Ost, Leiter der Abteilung Grundsatzfragen des Kartellrechts des Bundeskartellamtes - Prof. Dr. Gerhard Dannecker, Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Prof. Dr. Thomas Ackermann, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht der Ludwig-Maximiliams-Universität München - Prof. Dr. Ulrich Schwalbe, Lehrstuhl für Mikroökonomie am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Hohenheim und Dr. Johannes Lübking, Abteilungsleiter, Politik und Fallunterstützung Fusionskontrolle, Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission.

Unter den Experten bestand weitgehender Konsens, dass die Dauer und der Aufwand in den Verfahren bei Kartellordnungswidrigkeiten in Deutschland ein erhebliches Ausmaß erreicht hat. Viele Experten forderten, die Schwachstellen des Systems durch gesetzgeberische Maßnahmen zu beseitigen. Änderungsbedarf am derzeitigen Rechtsrahmen wurde von verschiedenen Seiten vor allem in den Bereichen Sanktionen und Verfahrensregeln ausgemacht. Während einige Teilnehmer für notwendige Anpassungen im Rahmen des bestehenden Systems argumentierten, rieten andere Teilnehmer an, den Blick nach Europa zu richten.

Auch im Sinne einer fortschreitenden europäischen Konvergenz läge es nahe, sich nicht nur materiell, sondern auch hinsichtlich des prozeduralen Rechtsrahmens, stärker dem Europäischen Recht anzupassen.

Das Arbeitspapier zu der Tagung sowie einzelne Vorträge der Teilnehmer können auf der Internetseite des Bundeskartellamtes abgerufen werden. Logo: Offene Märkte | Fairer Wettbewerb

English version

  • Efficient cartel prosecution - inefficient procedures? Meeting of the Working Group on Competition Law in Bonn: Experts call for changes to procedural rules of antitrust law