Vergabekammer des Bundes entscheidet: Krankenkassen-Rabattverträge
sind öffentliche Aufträge

16.11.2007

Die 2. Vergabekammer des Bundes hat in sieben Nachprüfungsverfahren am 15. November 2007 entschieden, dass Arzneimittel-Rabattverträge gesetzlicher Krankenkassen nach § 130a Abs. 8 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) öffentliche Aufträge sind. Dementsprechend haben die gesetzlichen Krankenkassen beim Abschluss von Rabattverträgen für Arzneimittel oberhalb der gesetzlich festgelegten Schwellenwerte das Kartellvergaberecht und die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) zu beachten.

Die Vergabekammer des Bundes stuft die Rabattverträge als öffentliche Aufträge ein, weil sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise Rahmenvereinbarungen zur Beschaffung von Arzneimitteln für die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen darstellen. Die Rabattverträge regeln nämlich nicht nur Rabatte der pharmazeutischen Unternehmer, sondern enthalten gegenseitige Leistungs- und Vergütungspflichten.

Hintergrund ist, dass Krankenkassen nicht nur als Abrechnungsstellen fungieren, sondern durch die Vergabe der Rabattvereinbarungen den Beschaffungsbedarf für ihre Versicherten steuern. Dabei ist der Apotheker nach der sogenannten aut-idem-Regel gesetzlich zur Ersetzung eines verordneten Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Medikament, für das eine Rabattvereinbarung besteht, verpflichtet.

Die Vergabekammer hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Streitigkeiten über die Vergabe von Rabattverträgen gesetzlicher Krankenkassen nicht dem Rechtsweg vor die Sozialgerichte zugewiesen sind. Denn das 1999 eingeführte, auf europäischem Recht beruhende Kartellvergaberecht begründet einen eigenständigen und ausschließlichen Rechtsweg für öffentliche Aufträge vor den Vergabekammern. Das Einkaufsverhalten der Krankenkassen unterliegt damit auf Antrag einer vergaberechtlichen Kontrolle durch die Vergabekammern.

Den entschiedenen Fällen lagen beabsichtigte Rabattverträge über 83 Wirkstoffe zugrunde. Bei der Beschaffungsmaßnahme wurde in verschiedener Hinsicht gegen das Vergaberecht verstoßen. Die Vergabekammer hat daher den Zuschlag hinsichtlich der im jeweiligen Verfahren angegriffenen Wirkstoffe untersagt. Die Entscheidungen sind noch nicht bestandskräftig. Gegen diese kann innerhalb von zwei Wochen sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden.

English version

  • Federal Public Procurement Tribunal decides: Rebate contracts awarded by health insurance funds are public contracts