Kartellamt erlässt erstmals Missbrauchsverfügung gegen Netzbetreiber wegen überhöhter Netznutzungsentgelte

19.02.2003

Das Bundeskartellamt in Bonn hat der zum E.ON-Konzern gehörenden Thüringer Energie AG (TEAG) die Forderung missbräuchlich überhöhter Netznutzungsentgelte untersagt und der TEAG aufgegeben, die derzeitigen Netznutzungsentgelte abzusenken, was zu einer Erlösminderung von etwa 10 % führen würde. Das Amt hat die Entscheidung für sofort voll­ziehbar erklärt. Der Entscheidung vorausge­gangen war ein Abmahnschreiben des Amtes vom 13. Dezember 2002 sowie eine öffent­liche Anhörung am 15. Januar 2003. Bei der Entscheidung des Bundeskartellamtes handelt es sich um die erste Missbrauchsverfügung im Rahmen der Ende Januar 2002 einge­leiteten zehn förmlichen Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Netznutzungsentgelte.

Nach Kartellamtspräsident Ulf Böge hat das Bundeskartellamt in diesem Fall erstmals von der gerichtlich bestätigten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Kostenkalkulation des betroffenen Unternehmens zu überprüfen. Da auch nach Auffassung der TEAG in diesem Fall vergleich­bare Unternehmen nicht herangezogen werden konnten, kam die Anwendung des Vergleichsmarktkonzeptes, das vom Bundeskartellamt grundsätzlich präferiert wird, nicht in Betracht. Ziel aller Verfahren sei eine substanzielle Senkung der Netznutzungs­entgelte, die wegen ihrer Höhe derzeit das Haupt­hindernis für wirksamen Wettbe­werb auf den Strommärkten darstellen. Von der getroffenen Entscheidung erwarte das Amt eine wichtige Signalwirkung.

Die Überprüfung der Kostenkalkulation der Netznutzungsentgelte der TEAG unter Heran­ziehung der von den Kartellbehörden in einem Arbeitsgruppenbericht vom April 2001 ent­wickelten Kriterien habe den Verdacht missbräuchlich überhöhter Netznutzungsentgelte der TEAG bestätigt. So erhöhe der Ansatz kalkulatorischer Kosten wie z.B. einer Eigenkapital­verzinsung auf der Basis von Tagesneuwerten sowie der Ansatz eines Wagniszuschlages die Netzkosten erheblich. Solche kalkulatorische Positionen machen etwa 80 % des Senkungspotentials aus.

Auch habe TEAG dem Netz z.B. Werbekosten zugeordnet, die nach Auffassung des Bundes­kartellamtes nicht von den Netznutzern zu tragen seien und eine Quersubven­tionierung zugunsten des Vertriebs bedeuteten.

Dies erschwere den vom Gesetzgeber geforderten diskriminierungsfreien Netzzugang.

Gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist Beschwerde beim OLG Düsseldorf möglich.

English version

  • Bundeskartellamt issues first-time ruling on abusive practices against network operator on account of excessive fees for network use