Bonusregelung hilft erstmals, gegen ein Preiskartell im Papiergroßhandel vorzugehen
27.06.2002
Das Bundeskartellamt hat sieben Unternehmen und auch leitenden Personen des Papiergroßhandels Beschuldigungsschreiben wegen des Verdachts der Teilnahme an verbotenen Preisabsprachen zugestellt. Die Betroffenen, denen insgesamt Bußgelder in Millionenhöhe drohen, haben nun Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
Im April 2000 hatte das Bundeskartellamt bundesweit Geschäftsräume von Unternehmen des Papiergroßhandels durchsucht. Nach bisherigen Ermittlungen ist anzunehmen, dass es ein überregionales Kartell und darunter ca. ein Dutzend regionaler Kartelle gab. Mit der Preisabsprache über Bilderdruckpapier, Offsetpapier und Selbstdurchschreibepapier war ein wichtiger Teil des Sortiments des Papiergroßhandels erfasst.
Verbotene Preisabsprachen wurden offenbar zumindest seit Beginn des Jahres 1996 bis zur Durchsuchungsaktion des Bundeskartellamtes im April 2000 praktiziert. Im Rahmen der schwierigen und zeitaufwändigen Ermittlungen waren letztlich einige Unternehmen an dem Vorteil der Bonusregelung interessiert und zur Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellamt bereit. Sie haben einen nicht unerheblichen Beitrag zur Aufklärung sowohl der überregionalen Kartellstruktur als auch der Regional-Kartelle geleistet.
Kartellamtspräsident Dr. Ulf Böge zeigt sich mit den Recherchen zufrieden: „Wir haben mit diesem Verfahren wohl einen ersten wichtigen Anwendungsfall der Bonusregelung. Der Ansatz des Amtes, Kartellanten einen Anreiz zum Ausstieg aus einem Kartell zu bieten, ist richtig. Kartellabsprachen zwischen Unternehmen über die Festsetzung von Preisen sind in hohem Maße sozialschädlich. Durch künstlich überteuerte Produkte wird der Verbraucher ganz erheblich geschädigt. Wenn sich der durch die Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen erhärtete Verdacht der Preisabsprachen bestätigt, müssen die Beteiligten mit empfindlichen Geldbußen rechnen. Kartellabsprachen dürfen sich und werden sich in Deutschland nicht rechnen.“
Hintergrund:
Gemäß § 81 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) können Verstöße gegen das Kartellverbot als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bis zu 500.000 EUR und über diesen Betrag hinaus bis zur dreifachen Höhe des durch die illegale Absprache erlangten Mehrerlöses geahndet werden.
Das Bundeskartellamt hat bei der Festsetzung derartiger Geldbußen einen Ermessensspielraum. Bei dessen Ausübung ist auch zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse an der Auflösung eines Kartells größer sein kann als das an der Sanktionierung eines einzelnen Kartellmitglieds. Daher kann nach der Bonusregelung des Bundeskartellamts die Höhe der Geldbuße für Mitglieder eines illegalen Kartells im Rahmen des Ermessens erheblich herabgesetzt werden, wenn am Kartell beteiligte Zeugen zur Aufklärung der verbotenen Absprache freiwillig einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Bei frühzeitiger und vollständiger Kooperation mit dem Bundeskartellamt kann das Amt dem Unternehmen, das als erstes dazu bereit ist, die Geldbuße vollständig erlassen.
Die Bonusregelung des Bundeskartellamts kann unter www.bundeskartellamt.de abgerufen werden.