Geschlossenes Vorgehen der Kartellbehörde gegen Stromnetzbetreiber
24.04.2001
Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden werden künftig verstärkt gegen missbräuchliche Praktiken der Betreiber von Stromnetzen vorgehen. Eine Arbeitsgruppe der Kartellbehörden des Bundes und der Länder hat jetzt einen von allen Kartellbehörden getragenen Bericht vorgelegt, in dem gemeinsame Konzepte zur Feststellung missbräuchlich überhöhter Netznutzungsentgelte und Leitlinien für die Beurteilung sonstiger Netzzugangsbehinderungen erarbeitet worden sind.
"Der missbrauchs- und diskriminierungsfreie Zugang zu den Stromnetzen ist zentrale Voraussetzung, um im Strommarkt dauerhaft Wettbewerb zu gewährleisten. Wir wollen, dass der Verbraucher alle Vorteile des Wettbewerbs nutzen kann. Deshalb werden wir künftig mehr Druck auf die Netzbetreiber ausüben und gegebenenfalls weitere Musterverfahren durchführen," erklärten in Bonn Bundeskartellamtspräsident Ulf Böge und Helmut Lutz, Leiter der Landeskartellbehörde Bayern, sowie Gert Schäfer, Leiter der hessischen Landeskartellbehörde für Energie, als Vertreter der Länderbehörden.
Bislang wird die Netznutzung weitgehend auf der Basis der Vorgaben der betroffenen Verbände organisiert. Zwar sind auf diesem Weg beachtliche Erfolge bei der Öffnung der Märkte erzielt worden. Jedoch haben sich bei der Netznutzung immer wieder Streitpunkte ergeben, ohne dass - über den Einzelfall hinaus - verbindliche Aussagen der zuständigen Behörden über die Vereinbarkeit dieser Praktiken mit den Rechtsvorschriften des Energiewirtschafts- und Kartellrechts vorliegen.
Der Bericht wird die Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer verbessern. Es ist zu erwarten, dass sich die Mehrzahl der Unternehmen an der Rechtsauslegung durch die Kartellbehörden orientiert. Der Bericht bildet die Basis für ein einheitliches und arbeitsteiliges Vorgehen der Kartellbehörden, um in Musterverfahren einzelne Streitfragen der Netznutzung gerichtlich klären zu lassen. Er stellt eine erhebliche Arbeitserleichterung dar, weil die rechtlichen Maßstäbe nicht mehr im Einzelfall erarbeitet werden müssen. Der gemeinsamen Auffassung der Kartellbehörden des Bundes und der Länder kann in Zivilrechtsstreitigkeiten zwischen Netzinhabern und Netznutzern erhebliche Indizwirkung zukommen.
Der Bericht macht aber auch deutlich, dass eine flächendeckende Überprüfung der Netznutzungsentgelte und Behinderungspraktiken der ca. 800 Netzbetreiber mit den derzeitigen Personalressourcen des Bundeskartellamts und von Landeskartellbehörden nicht möglich ist. Ohne personelle Verstärkungen müssen sich diese auf Musterverfahren beschränken. Die Situation würde sich noch verschärfen, wenn für die kartellrechtliche Kontrolle der Netznutzungsentgelte der Einstieg in eine Kostenkontrolle unvermeidlich werden sollte.
Der Bericht ist im Internet unter www.bundeskartellamt.de abrufbar.