Bundeskartellamt forciert Wettbewerb auf dem Gasmarkt

28.01.2005

Das Bundeskartellamt hat heute ein Diskussionspapier zur kartellrechtlichen Beurteilung langfristiger Gaslieferverträge veröffentlicht. Die langfristige vertragliche Bindung der kommunalen Energieversorger (insbesondere Stadtwerke) an die etablierten Fern-gasunternehmen hat bislang - neben dem Fehlen von effektiven Durchleitungsmöglichkeiten - eine wettbewerbliche Öffnung der Gasmärkte verhindert. Dabei geht es nicht um Langfristverträge von Gasimportgesellschaften mit den Produzenten.

Kartellamtspräsident Böge: „Die Praxis der langfristigen Gasbindungen von Weiterverteilern hat de facto zu einer Abschottung der deutschen Märkte für in- und ausländische Lieferanten geführt. Mit diesem Papier setzt das Bundeskartellamt ein Zeichen für die Stärkung des Wettbewerbs auf dem Gassektor, der auch im siebten Jahr nach der Liberalisierung nur schleppend voran kommt.“ Böge weiter: „Die Liberalisierung wird nur dann zum Erfolg führen, wenn erstens ein effektiver Durchleitungsmechanismus gewährleistet ist und zweitens auch ausreichende Nachfragemengen im Wettbewerb zur Verfügung stehen. Ohne eine Lockerung der langfristigen Bezugsbindungen läuft die Durchleitungsregulierung ins Leere.“

Nach umfangreichen Ermittlungen in den gegen die 16 Ferngasunternehmen eröffneten Verfahren hat das Bundeskartellamt nun ein Papier mit „Beurteilungsgrundsätzen zu langfristigen Gasverträgen“ vorgelegt. Das Amt geht dabei u.a. von folgenden Eck-punkten aus: Lieferverträge mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 80 % sind ebenso unzulässig wie Lieferverträge mit einer Lauf-zeit von mehr als vier Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 50 %. Die jeweiligen Anteile müssen sich auf den tatsächlichen Bedarf und nicht auf eine von den Unter-nehmen festgelegte Referenzmenge beziehen. Mehrere Lieferverträge zwischen einem Lieferanten und dem Kunden werden als ein Vertrag angesehen, damit auch Marktverschließungseffekte mittels zeitlicher Vertragssplittung verhindert werden. Gleichzeitig sollen stillschweigende Verlängerungsklausen für die Gaslieferverträge nicht akzeptiert werden. Sogenannte „englische Klauseln“, die den etablierten Lieferanten berechtigen, in günstigere Konkurrenzangebote einzusteigen, werden aufgrund des damit verbundenen Abschottungseffekts ebenfalls als kartellrechtlich unzulässig erachtet.

Wegen der auch grenzüberschreitenden Dimension richten sich die Verfahren des Bundeskartellamtes nach den Regeln des europäischen Kartellrechts (Art. 81 EG-Vertrag, VO 1/2003). Das Amt wird deshalb weiterhin mit der EU-Kommission engen Kontakt halten.

In einer Diskussion unter Einbeziehung der Fachöffentlichkeit und der gesamten Branche beabsichtigt das Bundeskartellamt, seine Vorstellungen zur Marktöffnung insbesondere auch im Hinblick auf ihre Praktikabilität zu überprüfen.

Das Bundeskartellamt lädt die Marktbeteiligten sowie die interessierte Fachöffentlichkeit ein, bis zum 28. Februar 2005 zu dem unter www.bundeskartellamt.de abrufbaren Papier Stellung zu beziehen.

English version

  • Bundeskartellamt pushes ahead with competition in the gas market

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