Arbeitsgruppe der Kartellbehörden beanstandet Behinderung beim Wechsel des Stromversorgers

01.02.2001

Die Arbeitsgruppe der Kartellbehörden des Bundes und der Länder, die Wettbe­werbsbehinderungen im Netzbereich und Methoden zu ihrer Beseitigung untersucht, ist zu einem ersten Ergebnis gelangt: Stromnetzbetreiber (Stromversorger) verstoßen gegen das Kartellgesetz, wenn sie beim Wechsel eines Endkunden zu einem anderen Stromversorger die Stromdurchleitung vom Abschluss eines Netznutzungsvertrages mit dem Endkunden abhängig machen. Stromnetzbetreiber müssen alternativ auch zum Abschluss von Netznutzungsverträgen mit dem neuen Lieferanten bereit sein.

Den Kartellbehörden sind Fälle bekannt, in denen Stromversorgungsunternehmen, die in ihrem Versorgungsgebiet Netzbetreiber sind, sich weigern, beim Wechsel eines Kunden zu einem neuen Lieferanten mit dem neuen Lieferanten einen Netznutzungsvertrag nach den Regeln der Verbändevereinbarung Strom II (VV II) abzu­schließen. Sie beharren darauf, den Netznutzungsvertrag, der insbesondere auch die Entgelte für die Netznutzung regelt, ausschließlich mit dem Endkunden zu vereinba­ren. Ohne den Abschluss eines solchen Vertrages leiten sie den Strom des neuen Anbieters, zu dem der Kunde wechseln will, nicht durch. Durch den Abschluss des Netznutzungsvertrages nur mit dem Endkunden soll zugunsten des örtlichen Strom­versorgers und Netzbetreibers eine Kundenbindung auch gegenüber wechselnden Kunden aufrecht erhalten werden.

Ihre Wettbewerber werden hierdurch ungerechtfertigt benachteiligt. Sie können bei dieser Praxis im Gegensatz zu dem örtlichen Versorger/Netzbetreiber ihren Kunden kein umfassendes Stromliefe­rungs-/Netznutzungs-Angebot (all inclusive) machen. Das Beharren der Netzbetreiber auf Aufteilung in Stromlieferungsvertrag

(Kunde/neuer Lieferant) und Netznutzungsvertrag (Kunde/Netzbetreiber) wirkt aber auf potenziell wechselwillige Stromkunden jedenfalls dann abschreckend, wenn ihnen von ihrem bisherigen Versorger eine einheitliche vertragliche Lösung angeboten wird. Besonders stark stellt sich die Abschreckung dar, wenn - wie vereinzelt festgestellt - Netzbetreiber wechselwillige Haushaltskunden mit unüberschaubaren, komplizierten Vertragstexten konfrontieren.

Mit der beanstandeten Praxis weichen die Stromversorger/Netzbetreiber auch von der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ab, der auch dritten Stromanbietern einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf vertraglich geregelten Netzzugang einräumt.

Bundeskartellamtspräsident Ulf Böge: "Die beanstandete Praxis ist mit Blick auf die Marktentwicklung außerordentlich wettbewerbsschädlich. Es ist deshalb begrüßenswert, dass die Arbeitsgruppe die Rechtsauffassung der Kartellbehörden insoweit bereits vor Abschluss ihrer generellen Arbeit bekannt gibt und in den nächsten Wochen in einem geeigneten Fall ein Musterverfahren durch eine Landeskartellbehörde eingeleitet wird. Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden geben zugleich ein deutliches Signal dafür, dass sie eine wettbewerblich unzulässige Behinderung bei der Durchleitung im Interesse der Verbraucher nicht hinzunehmen gewillt sind."

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