Bundeskartellamt – Jahresbericht 2019/2020

02.09.2020

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat heute die Broschüre „Jahresbericht 2019“ der Behörde vorgestellt. Die Publikation richtet sich an ein wirtschaftspolitisch interessiertes Publikum und gibt einen Überblick über die Aktivitäten des Bundeskartellamtes im Jahre 2019 und in den ersten Monaten des laufenden Jahres.

Schwerpunkt Internetwirtschaft

Die Digitalwirtschaft steht weiter im Fokus der Arbeit des Bundeskartellamtes. Im vergangenen Jahr hat das Bundeskartellamt erreicht, dass Amazon die Geschäftsbedingungen für Dritthändler auf dem Amazon Marketplace weltweit im Sinne der Händler angepasst hat. Im Verfahren gegen Facebook hat der Bundesgerichtshof im Juni 2020 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Entscheidung des Bundeskartellamtes gegen die schrankenlose Datensammlung und -verwertung Facebooks ohne entsprechende Einwilligung der Nutzer bestätigt.

Andreas Mundt: „Das Amt führt weiterhin eine Reihe von Verfahren, um die wirtschaftliche Macht der Internetgiganten zu kontrollieren. Newcomer sollen auch künftig Zugang zu den Märkten finden können. Wettbewerber, Kunden und Verbraucher müssen von den großen Plattformen fair behandelt werden. Ich hoffe darauf, dass wir möglichst bald zusätzliche Instrumente bekommen, wie sie in dem Referentenentwurf zur Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgesehen sind, um künftig noch schneller und effektiver vorgehen zu können.“

Im Frühjahr 2019 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen Facebook abgeschlossen und dem Unternehmen Vorgaben gemacht, die Daten der Nutzer künftig nicht mehr aus verschiedenen Quellen sammeln und zusammenführen zu dürfen. Nach einem erfolgreichen Eilantrag von Facebook beim Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat der Bundesgerichtshof am 23. Juni 2020 die Entscheidung des Bundeskartellamtes bestätigt. Die Entscheidung in der Hauptsache beim OLG wird noch in diesem Jahr erwartet.

Mit den Geschäftsbeziehungen zwischen dem Amazon Marktplatz und den Händlern auf dieser Plattform befasst sich das Bundeskartellamt weiterhin. Derzeit geht die Behörde der Frage nach, ob und in welcher Form Amazon die Preissetzung seiner Händler beeinflusst.

Im Januar 2020 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Referentenentwurf für die zehnte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen veröffentlicht. Er enthält unter anderem wichtige Anpassungen und Modernisierungen des Kartellrechts in Hinblick auf den Umgang mit großen digitalen Plattformen.

Verbraucherschutz

Digitale Fragen stehen auch im Mittelpunkt der Sektoruntersuchungen, die das Bundeskartellamt bislang im Rahmen seiner seit 2017 bestehenden verbraucherrechtlichen Zuständigkeit durchgeführt hat.

Andreas Mundt: „Wir haben uns in Abstimmung mit Verbraucher- und Datenschutz-Institutionen wichtigen Bereichen angenommen und konkrete Vorschläge ausgearbeitet, wie wir bei zentralen Themen wie Vergleichsportalen, Nutzerbewertungen oder Smart-TV wesentliche Verbesserungen für die Verbraucher erreichen können.“

Fusionskontrolle

Das Bundeskartellamt hat 2019 rund 1.400 angemeldete Vorhaben geprüft. Davon wurden 14 Zusammenschlüsse 2019/20 in der sogenannten zweiten Phase vertieft geprüft: In vier Fällen (Miba/Zollern, Heidelberger Druckmaschinen/MBO, Remondis/DSD, Loomis/Ziemann) endete das Verfahren mit einer Untersagung. In sechs Hauptprüfverfahren haben die Beteiligten ihr Vorhaben, teils aufgrund von Bedenken des Bundeskartellamtes, zurückgezogen. Die Fusion der beiden Kinoketten CinemaxX und Cinestar wurde unter der Auflage freigegeben, sechs Kinos an verschiedenen Standorten an andere Betreiber zu veräußern. Drei Vorhaben wurden nach intensiver Prüfung letztlich ohne Auflagen freigegeben.

Andreas Mundt: „Ein bedeutendes Verfahren war die sehr intensive Prüfung der Übernahme des Rangierlokomotiven-Herstellers Vossloh Locomotives durch die chinesische CRRC. Auch wenn wir letzten Endes im April 2020 eine Freigabe erteilt haben, da es in diesem Markt starke Wettbewerber gibt, haben wir eine Blaupause für künftige Fälle unter Beteiligung von staatlichen Unternehmen erarbeitet. Der Fall zeigt wie man die strategische Position eines chinesischen Staatsunternehmens und damit verbundene Kostenvorteile, Beteiligungen an anderen Unternehmen, Möglichkeiten der Subventionierung und die Gefahr von Dumpingpreisen in der kartellrechtlichen Fusionskontrolle berücksichtigen kann.“

Das Bundeskartellamt prüft aktuell im Hauptprüfverfahren u.a. das Vorhaben der Möbelhandelskette XXXLutz eine Beteiligung an dem Wettbewerber, der Roller GmbH, zu erwerben. Außerdem wird die Veräußerung der Real-Lebensmitteleinzelhandels-Standorte an verschiedene Erwerber intensiv geprüft. Bislang haben die Unternehmen Kaufland und Edeka konkrete Vorhaben beim Bundeskartellamt angemeldet.

Von Januar bis Ende Juni 2020 wurden 505 Fusionsvorhaben angemeldet und damit über 20 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Allein im Mai waren über 50 Prozent weniger Neuanmeldungen zu verzeichnen, als im Mai 2019.

Andreas Mundt: „Wir werden es uns nicht leisten können, die Fusionskontrolle in Zeiten der Corona-Krise zu lockern. Strukturverschlechterungen durch Fusionen wirken auch nach der Krise fort. Seit dem Lock-Down im März/April haben wir deutlich weniger Fusionsanmeldungen verzeichnet. Ich gehe aber davon aus, dass diese Zahl in den nächsten Monaten auch krisenbedingt wieder anziehen wird. Wir haben bereits erste Anzeichen dafür, dass wir zahlreiche Übernahmen von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sehen werden.“

Kartellverfolgung

2019 hat das Bundeskartellamt rund 848 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt 23 Unternehmen bzw. Verbände und 12 natürliche Personen verhängt. Betroffen waren Branchen wie der Fahrradgroßhandel, Gebäudeausrüstung, Zeitschriften, Industriebatterien, Autostahl-Einkauf sowie die Stahl-Herstellung. Auch in 2020 wurden bis August bereits rund 158 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt acht Unternehmen und acht natürliche Personen verhängt. Betroffene Branchen waren der Großhandel mit Pflanzenschutzmitteln und der Bereich KFZ-Schilder. Es gibt darüber hinaus mehrere laufende Ermittlungsverfahren und das Amt haben in 2020 bislang sieben neue Kronzeugenanträge erreicht.

Andreas Mundt: „Die Kartellverfolgung bleibt eine Kernaufgabe des Bundeskartellamtes. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gibt es keine Rechtfertigung für illegale Absprachen. Wir erhalten immer wieder Hinweise auf mögliche Kartelle und werden diese auch weiterhin konsequent verfolgen. Etwas ganz anderes ist es, wenn Unternehmen aufgrund von besonderen Umständen, wie während der durch Corona ausgelösten Krise, miteinander kooperieren möchten. In solchen Fällen sind wir stets gesprächsbereit und haben in den vergangenen Monaten auch schon zahlreiche Unternehmen beratend unterstützen können, beispielsweise um gemeinsam auf Zulieferengpässe reagieren zu können.“

Den „Jahresbericht 2019“ finden Sie zum Download auf der Internetseite des Bundeskartellamtes.

English version:

  • Bundeskartellamt - 2019/2020 Annual Report

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