„Die Leidtragenden sind die Händler“

Das Bundeskartellamt knöpft sich die EC-Karten-Gebühren vor. Der bisherige Einheitspreis, den Händler im Chip- und PIN-basierten Electronic- Cash-Verfahren an die Banken zahlen müssen, hat nach Ansicht des Kartellamtspräsidenten Andreas Mundt mit wettbewerblichen Marktverhältnissen nichts zu tun. Stattdessen will die Behörde individuelle Preisverhandlungen zwischen Händlern und Banken fördern. Um die Verhandlungsposition des Handels zu stärken, dringt Mundt auf den Erhalt des Elektronischen Lastschriftverfahrens (ELV), dem wichtigsten Konkurrenzprodukt zu EC-Cash.

Frage: Herr Mundt, das Bezahlen mit EC-Karte und PIN-Eingabe funktioniert seit 22 Jahren. Warum schaltet sich jetzt das Bundeskartellamt ein?

Mundt: Bislang müssen Händler für jeden Zahlungsvorgang im Electronic-Cash-System ein einheitliches, von den Bankenverbänden gemeinsam festgesetztes Entgelt entrichten. Es hat sich gezeigt, dass ein solcher Einheitspreis nicht erforderlich ist für die Existenz des Systems, sondern dass stattdessen individuelle Preisverhandlungen geführt werden können.

Frage: Das ist doch schon seit Januar möglich …

Mundt: Wir konnten beobachten, dass es – sieht man vom Tankstellenbereich ab – nur einige wenige große Händler waren, mit denen es zu Preisverhandlungen gekommen ist. Die Bereitschaft der Bankenseite, mit anderen zu verhandeln, war nicht sehr ausgeprägt. Vor allem haben bislang keine Direktverhandlungen zwischen Banken und Netzbetreibern stattgefunden, wovon gerade kleinere Händler profitieren würden. Daher müssen wir solche Verhandlungen befördern.

Frage: Wie wollen Sie das anstellen?

Mundt: Es wird darum gehen, die notwendigen Verhandlungsstrukturen zu schaffen. Dazu gehört auch, dass die Fortexistenz des ELV, von dem bislang die stärksten Wettbewerbsimpulse ausgehen, erhalten bleibt.

Frage: Wen trifft die bisherige Gebührenpraxis am härtesten?

Mundt: Leidtragende sind zunächst die Händler, die einem Einheitspreis ausgesetzt sind und bislang nur wenig Spielraum hatten, in Verhandlungen Preiszugeständnisse durchzusetzen. Letztlich sind die Kosten aber auch für den Endverbraucher relevant: Insgesamt zahlen die Händler mehr als 300 Mio. Euro jährlich an Entgelten, die natürlich letztlich größtenteils an den Verbraucher weitergereicht werden.

Frage: Wettbewerb ist anstrengend. Viele Händler befürworten statt zäher Verhandlungen eine pauschale Absenkung der Entgelte …

Mundt: Es ist nicht unsere Aufgabe, einen ,richtigen’ Preis festzusetzen. Wir schaffen nur die Voraussetzungen für Wettbewerb, handeln müssen die Beteiligten selbst. Das ist durchaus auch an die Adresse des Handels gerichtet; eine Entwicklung, bei der am Ende ein abgesenkter Einheitspreis steht – möglicherweise nach Verzicht auf das ELV –, wäre auch nicht in seinem Interesse. Der Handel würde damit seine Verhandlungsposition gegenüber den Banken stark schwächen.

Das Interview führte Andrea Wessel.

Quelle: Lebensmittel Zeitung vom 07.06.2013

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