"Bier-Brauer müssen noch mehr Bußgeld zahlen"

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, im Interview mit der BILD.

BILD: Warum gibt‘s immer mehr verbotene Absprachen?

Andreas Mundt: Ich glaube nicht, dass es heute mehr Kartelle gibt als vor einigen Jahren – aber das Kartellamt ist schlagkräftiger geworden. Wir decken mehr Fälle auf. Die Firmen wissen jetzt, dass sie bei Preisabsprachen immer öfter und höher bestraft werden.

BILD: Aber das Bußgeld für die Brauer (106 Mio. Euro) ist doch ein Witz verglichen mit dem Extraprofit von über 440 Mio. Euro!

Mundt: Mit Verlaub, aber ich halte die Zahl von 440 Millionen Euro für nicht belastbar. Im Übrigen ist das Verfahren gegen die Bierbrauer noch gar nicht abgeschlossen: Wir ermitteln insgesamt noch gegen sechs weitere Unternehmen. Das heißt, das Bußgeld wird noch deutlich steigen.

BILD: Sie ermitteln auch gegen Kartoffel-Händler, Sanitär-Händler, Lebensmittel-Riesen – welche Verfahren werden in diesem Jahr abgeschlossen?

Mundt: Das kann ich nicht sagen, denn das hängt von vielen Faktoren ab. Um die Unternehmen zu überführen, müssen Millionen von Emails und Akten durchsucht, zahlreiche Zeugen vernommen und Gespräche geführt werden. Wenn da einer auspackt und mit uns kooperiert geht das natürlich ungleich schneller.

BILD: Reichen die Gesetze aus, um Kartell-Abzockern das Handwerk zu legen?

Mundt: Ja, die vorhandenen Instrumente greifen. Wir sind z.B. durch die vor einigen Jahren eingeführte Kronzeugenregelung viel leistungsfähiger als noch vor zehn Jahren. Auch die Bußgelder fallen inzwischen höher aus. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir auch die verantwortlichen Manager bestrafen.

BILD: Finden Sie genügend Mitarbeiter oder leiden Sie auch unter dem Fachkräftemangel?

Mundt: Es gibt immer einige Spezialisten, die schwieriger zu kriegen sind. Aber unter dem Strich können wir uns nicht beklagen. Wir haben glücklicher Weise den Ruf eines attraktiven Arbeitgebers.

BILD: Die Regierung hält am Einheitsbeitrag für Krankenkassen fest – auch ein Fall für das Kartellamt?

Mundt: Einheitsbeträge haben offensichtlich nichts mit Wettbewerb zu tun. Die Gesetze verhindern ein Eingreifen des Kartellamts bei den gesetzlichen Krankenkassen. Dabei betonen die Krankenkassen selbst immer wieder, in welch hartem Wettbewerb sie stehen. Mit der Forderung nach einer gesetzlichen Änderung in diesem Bereich konnten wir bislang nicht durchdringen.

BILD: Und was ist mit Energie? Warum gehen Sie nicht gegen die Festpreise für Ökostrom-Hersteller vor?

Mundt: Das Bundeskartellamt wendet Gesetze an. Wenn die Regierung einzelne Wirtschaftsbereiche vom Wettbewerb ausklammert, sind uns die Hände gebunden. Das muss sich dringend ändern, denn staatliche Regulierung macht den Strom teurer, als er sein könnte. Die neue Regierung muss daher dafür sorgen, dass die erneuerbaren Energien ganz normal am Markt angeboten werden.

Das Gespräch führten Ch. Martens und J.W. Schäfer

Quelle: BILD.de

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