Bundeskartellamt mahnt Stromfusion RWE/VEW ab

14.04.2000

Nach der vorläufigen Einschätzung des Bundeskartellamtes führt das Zusam-menschlußvorhaben der RWE AG, Essen (RWE) und der VEW AG, Dortmund (VEW) zur Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen auf allen Strommärkten. Das Bundeskartellamt hat deshalb den Unternehmen seine Absicht mitgeteilt, das Zusammenschlußvorhaben unter den gegebenen Umständen zu un¬tersagen. Kartellamtspräsident Böge: "Es ist zu befürchten, daß die Fusion zu einem Duopol mit weitgehend wettbewerbslosen Strukturen führt. Das Zusammenschlußvorhaben wird deshalb nur möglich werden, wenn die Unternehmen zu wettbewerbs¬verbessernden Maßnahmen bereit sind."


Das Zusammenschlußvorhaben führt nach der vorläufigen Auffassung des Bundeskartellamtes selbst bei einer bundesweiten Marktabgrenzung zur Entstehung eines marktbeherrschenden Duopols, bestehend aus den Gruppierungen RWE/VEW und PreussenElektra AG (PE, Veba-Konzern)/Bayernwerk AG (BAG, Viag-Konzern). Konkret betroffen sind die Märkte für die Belieferung von Kleinkunden (Haushalte, Kleingewerbe, Landwirtschaft), für die Belieferung von Sondervertragskunden (industrielle Großkunden) sowie der Stromhandelsmarkt.


Aufgrund von über 100 Beteiligungen der vorgenannten Unternehmen an kommunal geprägten Regionalversorgern und Stadtwerken beträgt der von dem Duopol beein¬flußte Marktanteil über 70% im Großkundengeschäft und über 55% im Kleinkunden¬geschäft. Die nächstgrößten Wettbewerber erreichen Marktanteile von weniger als 10%. Der Marktanteil der neu in den Markt eingetretenen Wettbewerber liegt insge¬samt unter 2%. Der Rest entfällt auf mehrere hundert Stadtwerke. Beim Stromhandel liegt der Marktanteil des Duopols sogar bei 85%. Dort kontrolliert es im übrigen weitgehend die inländischen Erzeugungskapazitäten (mehr als 80%) und als Eigentümer des Großteils der Netzverbindungen zum Ausland zudem die Importmöglichkeiten.


Nach dem Zusammenschluß würden RWE/VEW und PE/BAG ihre verbleibenden Wettbewerber hinsichtlich aller relevanten Ressourcen weit überragen. Die vorhandenen Wettbewerber verfügen insgesamt nicht über eine Marktstärke, die in der Lage wäre, die Verhaltensvorsprünge des Duopols zu neutralisieren.In Deutschland ist Wettbewerb zwischen dem drittgrößten (RWE/VEW) und viert-größten (PE/BAG) europäischen Stromversorgungsunternehmen aufgrund ähnlicher Unternehmensstrukturen (vertikal über alle Marktstufen integrierten Stromaktivitäten, vergleichbare Ressourcen), ausgeglichener Marktanteile und zahlreicher Unter¬nehmensverflechtungen nicht zu erwarten. Hinzu kommen mit der Homogenität des Produkts Strom, der preisinelastischen Nachfrage und der eher stagnierenden Ge¬samtnachfrage weitere Faktoren, die oligopolistisches Parallelverhalten begünstigen. Nach Auffassung des Bundeskartellamts ist zu erwarten, daß beide Unternehmens¬gruppen künftig auf preisliche Wettbewerbsvorstöße weitgehend verzichten und Kunden entsprechend den angestammten Versorgungsgebieten aufzuteilen suchen.

Vor einer endgültigen Entscheidung haben die beteiligten Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme. Kartellamtspräsident Böge: "Wir sind weiter offen, über Auflagen als wettbewerbsverbessernde Maßnahmen zu sprechen. Es liegt bei den Unternehmen, Vorschläge zu machen."


Die Auswirkungen der Fusionen im Gas- und Entsorgungsbereich befinden sich noch in der Prüfung.

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