"Keine neuen Subventionstöpfe"

HB: Herr Mundt, Kraftwerksbetreiber beklagen, mit ihren Anlagen ließe sich kein Geld verdienen. Nur Gejammer oder ein echtes Problem?

Mundt: Ich habe Verständnis für die Klagen mancher Kraftwerksbetreiber. Es ist nicht zu leugnen, dass sie angesichts des niedrigen Preisniveaus und der teilweise geringen Auslastung ihrer Anlagen Probleme haben. Die Gründe sind vielschichtig. Einerseits haben wir erhebliche Überkapazitäten. Wenn man auf die Liste der Bundesnetzagentur mit den Anträgen auf Kraftwerksstilllegungen schaut, dann entdeckt man dort sehr viele alte und vermutlich längst abgeschriebene Anlagen. In diesen Fällen ist der Marktaustritt eine ganz natürliche Sache. Andererseits leiden viele Kraftwerksbetreiber natürlich auch darunter, dass die Gesetzgebung der vergangenen Jahre mitunter etwas erratisch war.

HB: Inwiefern erratisch?

Mundt: Allein das Hin und Her beim Atomausstieg hat natürlich zu Investitionsunsicherheiten geführt. Aber das Unglück im japanischen Atomkraftwerk Fukushima war nun einmal nicht vorhersehbar, dennoch hat es die Rahmenbedingungen nachhaltig verändert. Andererseits kommt der steigende Anteil der Erneuerbaren, die den fossilen Kraftwerken Marktanteile abnehmen, nicht wirklich überraschend.

HB: Was empfehlen Sie dem Betreiber eines Gaskraftwerks, das sich nicht mehr ordentlich auslasten lässt?

Mundt: Ich betrachte das Problem geringer Erlöse als eine Durststrecke. Wenn jetzt einige Kraftwerke vom Netz gehen, dann stellt sich die Situation bald möglicherweise schon ganz anders dar. Die Marktbereinigung kann durchaus steigende Strompreise zur Folge haben, so dass sich der Betrieb mancher Kraftwerke zukünftig wieder lohnen kann.

HB: Einem Unternehmen in Existenznot hilft das nicht.

Mundt: Dennoch müssen wir aufpassen, dass wir nicht gleich neue Subventionstöpfe aufmachen. Wir können Unternehmen nur sehr begrenzt vor den Risiken ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit schützen. Das ist langfristig auch nicht sinnvoll.

HB: Wegen der Probleme mit der Auslastung fordern Betreiber, dass ihnen künftig auch das Bereithalten von Kapazität honoriert wird. Es liegen verschiedene Modelle auf dem Tisch. Wie stehen Sie dazu?

Mundt: In die Diskussion der einzelnen Modelle und deren Vor- oder Nachteile möchte ich gar nicht zu sehr einsteigen. Wir sollten nicht das Wie diskutieren, ehe das Ob geklärt ist. Die Frage ist, ob wir solche Mechanismen überhaupt brauchen. Ich habe da Zweifel. Es sollte zunächst darum gehen, alle Möglichkeiten des bestehenden Strommarktes auszuschöpfen. Vor allem müssen wir die Marktintegration der erneuerbaren Energien vorantreiben. Zur Absicherung der Versorgungssicherheit könnte das alles von einer strategischen Kraftwerksreserve flankiert werden. Diese hat den Vorteil, dass sie reversibel ist. Wenn dann die Probleme noch immer nicht gelöst sind, können wir als Ultima Ratio über Kapazitätsmärkte sprechen.

HB: Was stört Sie daran, bereits heute Modelle zu diskutieren?

Mundt: Wenn wir jetzt nur noch über das Wie von Kapazitätsmärkten sprechen, kann das Auslöser für Investitionszurückhaltung sein. Niemand will Gefahr laufen, aufgrund einer zu frühen Investition nicht von späteren Kapazitätszahlungen zu profitieren. Das kann dazu führen, dass tatsächlich irgendwann die Versorgungssicherheit in Gefahr gerät.

HB: Herr Mundt, vielen Dank für das Interview.

Das Gespräch führte Klaus Stratmann.

Quelle: Handelsblatt vom 4. Februar 2014.

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